Glaubenszeichen am Wegesrand – Marter in der Fränkischen Schweiz
In der katholisch geprägten und in ihrem Glauben tief verwurzelten „Fränkischen“ stößt der Wanderer immer wieder auf Marter oder Flurkreuze. Diese zu Stein gewordenen Gebete bewegen viele Menschen zum Innehalten und zu einer kurzen Meditation.
Symbol des Gedenkens oder ein frommer Dank nach überstandenem Leid
Oft zeugen die Gedenksteine oder -kreuze von schlimmen Unfällen oder Naturereignissen in der Geschichte. So forderte die Land- und Forstwirtschaft in der ländlichen Fränkischen Schweiz immer wieder ihre Opfer. Gerade bei der Waldarbeit kamen alljährlich viele Männer ums Leben oder verletzten sich schwer. Die Marter erinnern an solche Ereignisse und bitten um ein Gebet für den Betroffenen oder seine Lieben. Häufig sind diese kleinen Denkmäler mit einem Kruzifix bestückt.



Alte „Sühnezeichen“
Im Landkreis Bayreuth finden sich über 1.000 solch markanter Orte, die von spannenden und grausamen Geschichten erzählen. Uralte, von Moos überzogene Steinkreuze datieren teilweise bis in das 13. Jahrhundert zurück. An Plätzen, wo sie stehen, geschahen meist Mord und Totschlag. Das bedauernswerte Opfer starb dabei ohne den Erhalt der Sterbesakramente, was in der damaligen Zeit einer Katastrophe glich. So hatte sich der Täter um die arme Seele zu kümmern. Außer einer Pilgerreise bekam er manchmal die Auflage, die Beerdigung auszurichten und als dauerndes Zeichen der Sühne ein Kreuz zu stiften. Oftmals markierten die steinernen Marter auch alte Pilgerpfade und Wallfahrerwege.
Etwas später begann dann die Zeit der Denkmale mit Kruzifixen. Sie stellen den gekreuzigten Heiland als Sinnbild des Leidens dar. Zuerst aus witterungsanfälligem Holz, fertigten die Gläubigen sie bald aus haltbarem Gusseisen oder Stein. Bis etwa zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden sie als Zeichen des Gedenkens und zur Ehre Gottes errichtet. Meist begleitete und umrahmte das Kruzifix ein blühender Busch oder ein Baum.
Der eindrucksvollste und größte Bildstock der Fränkischen Schweiz – die „Weiße Marter“ bei Köttweinsdorf
Die berühmte „Weiße Marter“ aus hellem Sandstein steht nahe Köttweinsdorf in der Gemeinde Waischenfeld. Sie wurde im Jahr 1797 im Auftrag des Metzgermeisters Otto Wich aus Kronach errichtet. Nach einer schweren Krankheit erblickte er auf einer Wallfahrt die beiden Türme der Gößweinsteiner Basilika. Mit dem kunstvoll gestalteten Gedenkstein dankte er Gott für seine Genesung. Die Höhe von über vier Metern beeindruckt den Wanderer schon von weitem. Abwechslungsreiche Wege kreuzen den Standort des Denkmals oder führen in der Nähe daran vorbei, so etwa ein schöner Rundgang von Behringersmühle über das Forsthaus Schweigelberg und zurück.




Die Worte des Herrn in Stein festgehalten – der Kühlenfelser Andachtsweg
Nicht immer stammen Marter oder Flurdenkmäler aus lang vergangener Zeit. Im Jahr 2005 weihte die Dorfgemeinschaft Kühlenfels ihren Andachtsweg. Entlang einer wunderschönen Lindenallee in Richtung Klumpertal stehen sieben eindrucksvoll gestaltete, gebrannte Steinplatten mit Sprüchen aus dem Johannesevangelium. Diese Kleinode geben ein Beispiel dafür, wie modernes Kunsthandwerk und alter Glaube zusammenfinden.


Ein entspannter Spaziergang hoch über dem Weiherbachtal – der „Kapellenweg“
Bei Elbersberg führt ein sanft geschwungener Höhenpfad an einigen alten Martern und Kreuzen vorbei. Die Elbersberger Kapelle und die Hofmanns-Kapelle laden Wanderer auf ihrem Weg zur „Himmelsleiter“, einem fast 40 Meter hohen Aussichtsturm, zu einer kurzen Rast. Von diesem, im Jahr 2014 errichteten Bauwerk schweift der Blick weit über die Fränkische Schweiz bis hinein ins Fichtelgebirge, eine verdiente Belohnung nach 150 erklommenen Stufen. Der Besuch hier lohnt zu jeder Jahreszeit.



Erinnerungs- und Kraftorte in der freien Natur
Auch wenn die Hochzeit der Marter lange zurückliegt, errichten manche Gläubige noch immer solche Symbole. Der Anlass ist immer ein trauriger. Zahlreiche Kreuze am Straßenrand erinnern an – meist junge – Unfallopfer.
Die alten und teilweise verwitterten Zeichen der Volksfrömmigkeit beeindrucken bis jetzt. Sie weisen auf die Vergänglichkeit des Lebens hin. Zudem rufen sie eine Zeit ins Gedächtnis, als die Religiosität im Alltag noch eine entscheidende Rolle spielte. Gerade in der Fränkischen Schweiz, die lange zwischen den unterschiedlichen Konfessionen zergliedert war, fanden die Menschen Halt in ihrem Glauben.
Oft machen es Vereine und Dorfgemeinschaften sich heute zur Aufgabe, die Marter auf ihrem jeweiligen Gebiet kunstvoll zu restaurieren. So bleibt ein kleines Stück Zeitgeschichte erhalten und bereichert manche Wanderung durch die Fränkischen Schweiz.