Einzigartige Zeugen der Erdgeschichte – die Höhlen in der Fränkischen Schweiz

Als Höhle gilt, wenn der unterirdische Hohlraum länger mehr als fünf Meter misst und Menschen ihn betreten können. Auf der vergleichsweise kleinen Fläche in der Fränkischen Schweiz finden sich davon über 1.000. Die unglaubliche Zahl beruht auf den geologischen Besonderheiten der Region. Das typische Karstgebiet besteht aus Gesteinen wie Dolomit und Kalkstein. Mit dem Regenwasser eindringende Kohlensäure sorgt für eine über die Jahrtausende fortschreitende Erosion im Inneren der Felsen. Die Wissenschaft spricht in diesem Fall, im Gegensatz zu gleichzeitig mit dem Gestein entstehenden Hohlräumen, von sogenannten sekundären Höhlen. Zahlreiche frei zugängliche bieten spannende Alternativen für eigene Erkundungen und kleine Expeditionen mit der ganzen Familie. Dazu gehören die 62 Meter lange Oswaldhöhle bei Muggendorf, der Höllenstein bei Obertrubach oder die Frauenhöhle bei Egloffstein. Zu einigen wie zur fast 100 Meter tiefen Fellner-Doline in Gößweinstein oder der Zoolithenhöhle in Burggaillenreuth bleibt der Zugang Forschern vorbehalten. Beispielsweise die Schöngrundhöhle bei Muggendorf verschließen die Verantwortlichen zum Schutz der dort lebenden Fledermäuse von Oktober bis April.

In der Fränkischen Schweiz warten drei große, touristisch erschlossene Tropfsteinhöhlen auf Besucherinnen und Besucher:

Nördlicher Eingang zur Oswaldhöhle © Foto Tourismusbüro Wiesenttal

Die Sophienhöhle – wie die Führung durch einen Palast

Die bereits im Jahr 1490 urkundlich erwähnte Sophienhöhle liegt in der oberfränkischen Gemeinde Ahorntal. Unter den noch aktiven Tropfsteinhöhlen zählt sie zu den schönsten. Schon ihre Lage und der Eingang an einem steil vom Flüsschen Ailsbach aufragenden Hang, direkt unterhalb der Klaussteinkapelle, beeindrucken. Vier einzelne Höhlen bilden einen rund 900 Meter langen Komplex mit teilweise domartigen Hallen, die enge und verschlungene Gänge miteinander verbinden. Vielfältige Tropfsteine sorgen für ein faszinierendes Ambiente. Als Sinter bezeichnete Ablagerungen schaffen an schrägen Wänden erstaunliche Gebilde wie Vorhänge oder Fahnen. Die Deckenformationen bestehen aus Stalaktiten und sogenannten Sinterröhrchen. Vom Boden wachsen Stalagmiten empor und Sinterbecken nehmen dort das herabtropfende Wasser auf. Sie erscheinen in verschiedenen Farbnuancen, die durch beigemengtes Eisen, Mangan, Sand oder Lehm entstehen.

Forscher stießen in der Sophienhöhle auf zahlreiche Überreste eiszeitlicher Tiere. Beispielsweise hielt der Höhlenbär im Schutz der Räume seinen Winterschlaf. Darüber hinaus fanden sich Fossilien von Mammuts, Höhlenlöwen, Rentieren und vom Wollnashorn. Neben Informationen zur Entdeckung beziehungsweise Geschichte erfahren wir bei den Führungen jede Menge Interessantes über die Flora und Fauna in Höhlen.

Selbst im Winter imposant: der Eingang zur Sophienhöhle unterhalb der Klaussteinkapelle
Eingangsplateau zur Teufelshöhle bei Pottenstein

Weitverzweigtes Wegesystem und imposante Tropfsteinriesen: die Teufelshöhle in Pottenstein

Die Teufelshöhle ist die größte unter den Höhlen der Fränkischen Schweiz. Zahlreiche Sagen aus grauer Vorzeit ranken sich um sie. Der Volksglaube bezeichnete sie als Eingang zur Hölle und Einheimische erzählten von den Schreien verlorener Seelen. Brisante Geschichten aus Kriegszeiten und das Gerücht von allerlei lichtscheuem Gesindel im Inneren hielten sich hartnäckig. Heute spielen die Vorbehalte keine Rolle mehr. Bei annähernd 150.000 Gästen pro Jahr zieht die Teufelshöhle die mit Abstand meisten Besucher der nordbayerischen Höhlen an. Von den insgesamt erschlossenen rund drei Kilometer langen Wegen und Schächten begehen sie bei den Führungen etwa 800 Meter. Dabei gilt es, in 45 Minuten circa 400 Stufen zu bewältigen. Seit den 1920er Jahren verbinden durch den Geologen Hans Brand bergmännische erschlossene, stollenartige Gänge die großen Hallen im Inneren. Die Aufzeichnungen des Bergbauingenieurs aus dem nahen Bayreuth vermitteln einen Eindruck von der Pracht, die sich den Forschern damals bot. Dem Nationalsozialisten und SS-Mitglied Brand erkannte die Stadt Pottenstein nach dem Krieg die verliehene Ehrenbürgerwürde wieder ab. Den Namen einer nach ihm benannten Straße sowie eine am Eingang zur Teufelshöhle angebrachte Gedenktafel entfernten die Verantwortlichen.

Beeindruckend beleuchtete Tropfsteine in der Teufelshöhle © Foto Tourismusbüro Pottenstein

Zu bewundern gibt eine ganze Reihe grandioser Tropfsteine wie die „Papstkrone“, den „Riesen Goliath“ oder den „Baum“ im Riesensaal. Zu den unvergesslichen Höhepunkten der Teufelshöhle gehören die „Kreuzigungsgruppe“ und der „Barbarossadom“. In der Höhlen fanden Forscher Schädel und Knochen von etwa 80 natürlich verstorbenen Höhlenbären aus unterschiedlichen Generationen. Daraus formten sie ein in den Hallen aufgestelltes Skelett. Ein Teil des nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Höhlensystems dient dem Schutz der hier lebenden Fledermäuse. Die Forschungsgruppe Höhle und Karst betreibt hier ein Labor. Für Menschen mit Erkrankungen der Atemwege oder Hautleiden stehen seit einigen Jahren spezielle Therapieräume in der Teufelshöhle zur Verfügung. Bei einer gleichmäßigen Temperatur von neun Grad und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit soll die Behandlung den Betroffenen individuelle Linderung verschaffen.

Das Innere der Oswaldhöhle © Foto Tourismusbüro Wiesenttal

Auf den Spuren eines fossilen Flusses durch die Binghöhle

Die nach ihm benannte Binghöhle in Streitberg entdeckte 1905 der Nürnberger Industrielle Ignaz Bing. Er weilte ab den 1860er Jahren dort regelmäßig zur Kur und trug als mittlerweile vor Ort wohnender Ehrenbürger wesentlich zum Fortschritt in der ländlichen Region bei. Mit der Öffnung als Schauhöhle begann sich bereits ein Jahr später ein wahrer Boom an Besuchern über den kleinen Ort in der Fränkischen Schweiz zu ergießen. Im Gegensatz zu den anderen Jurahöhlen umgibt nicht der Dolomit oder Schwammkalk die Binghöhle. Vielmehr liegt sie in geschichtetem Kalk und führt auf einer Länge von 300 Metern durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Die Fantasie anregende Gebilde aus Tropfsteinen, kristallin glitzernde Formationen und eindrucksvolle Kalkbänke begleiten die Besucher auf ihrer Tour durch die Unterwelt. 1910 ließ Bing eine Markierung aus Metall an einen der Tropfsteine anbringen. Das Wachstum von rund 3,5 Zentimeter zeigt, in welchen zeitlichen Dimensionen ein solches Naturwunder entsteht. Bei ihrer Renovierung im Jahr 2005 erhielt die Binghöhle eine hochmoderne Beleuchtungstechnik, die großartige farbliche Effekte ermöglicht. Der tatsächliche Anblick bei einem Besuch übertrifft jede Art von bildlicher oder filmischer Darstellung. Bei Wanderungen durch das Gemeindegebiet von Muggendorf und Streitberg oder Gößweinstein entdecken die Gäste der Fränkischen Schweiz zahlreiche weitere Höhlen. Touren zur Rosenmüllerhöhle, dem Quackenschloss, der Riesenburg oder zur Esperhöhle lohnen sich in jedem Fall.

Prächtiges Farbenspiel in der Binghöhle © Foto Ferdinand Leja/ Tourismusbüro Wiesenttal
Das Haifischmaul in der Binghöhle © Foto Tourismusbüro Wiesenttal © Foto Tourismusbüro Wiesenttal

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