Eindrucksvolle Kulisse für einen Ausflug in die griechische Mythologie – der Felsengarten Sanspareil in der Fränkischen Schweiz
Der Ort Sanspareil liegt im Norden des Naturparks Fränkische Schweiz – Frankenjura in der Gemeinde Wonsees. Neben der gut erhaltenen mittelalterlichen Burg Zwernitz weist er eine außergewöhnliche Sehenswürdigkeit auf: Hier beauftragte die Schwester von Friedrich dem Großen, die Bayreuther Markräfin Wilhelmine, im Jahr 1744 den Bau eines Felsengartens. Übersetzt bedeutet Sanspareil „ohnegleichen“ und geht auf den begeisterten Ausruf einer Hofdame beim erstmaligen Anblick des Landschaftsparks zurück. Die Einheimischen sprechen den französischen Namen der Anlage und des Dorfs allerdings nach der deutschen Lautschrift aus. Der rund 13 Hektar große Garten erstreckt sich in einem Buchenhain von der markanten Burg Zwernitz circa 1.300 Meter in Richtung Osten. Das Areal mit seinen vielfältigen Kalksteinformationen erschließen insgesamt 17,5 Kilometer lange, frei und kostenlos zugängliche Fußwege (zum Teil kinderwagentauglich). Auf Ihnen spazieren und steigen die Besucher durch eine Kulisse aus bizarren Felsen, Grotten sowie Architekturelementen und Skulpturen aus der griechischen Mythologie.




Gestaltung des Felsengartens Sanspareil nach einem utopischen Roman
Der französische Autor François de Fénelon schuf 1733 die programmatische Grundlage für die von Wilhelmine im Landschaftsgarten ausgewählten Inhalte. In höfischen Kreisen erfreute sich der pseudohistorische Reise- und Bildungsroman „Die seltsamen Begebenheiten des Telemach“ großer Beliebtheit. Der Sohn der griechischen Gottheit Odysseus erlebt auf seiner Suche nach dem Vater allerlei Abenteuer und landet schließlich auf der Insel Ogygia. Dort nimmt ihn die Nymphe Kalypso auf und verliebt sich in ihn. Mit der Gestaltung ihres Landschaftsgartens als literarisches Programm verwandelte die Markgräfin den Buchenhain durch Staffagen in die besagte Insel. Außerdem spiegeln die künstlerischen Elemente der Bauwerke – in Verbindung mit der malerischen Felskulisse – die barocke Begeisterung für das asiatische Reich des Konfuzius wider.
Der Park Sanspareil beginnt mit dem einzigen geometrischen, mit Blumen und Buchshecken bepflanzten Teil der Anlage, dem Parterre. Rund um die etwa 20 mal 15 Meter große Fläche gruppierten die Architekten Joseph Saint-Pierre und Giovanni Battista Pedrozzi vier Gebäude. Neben dem heute im Sommer als Museum zugänglichen Morgenländischen Bau im Osten stehen nur noch Teile des Küchengebäudes im Westen. Markgrafen- sowie Burggrafenhaus im Süden beziehungsweise Norden verfielen über die Jahre und wurden 1839 abgebrochen.
Natürliche Landschaftsformen für die mythologischen Szenenbilder
Direkt hinter dem Morgenländischen Bau mit seinen sehenswerten ausgestatteten Salons, Kabinetten, Jagdzimmern und Ruheräumen beginnt der Felsenhain. Hier gab es einst das Referentenhaus, ein mitunter für Regierungsgeschäfte durch Markgraf Friedrich genutzter, mit offenem Kamin beheizbarer Fachwerkbau. Unweit davon befindet sich inmitten von mehreren steinernen Türmen der romantische „Felsen der Liebe“. Etwas weiter bildet ein überhängender Felsen mit einer Bank aus Stein darunter den sogenannten Regenschirm. Das früher darauf stehende Strohhaus, ein mit Rinde verkleideter Bau, gilt als Lieblingsplatz der Tochter der Markgräfin. Diese wiederum liebte die nach Telemachs Lehrer benannte Mentorsgrotte mit dem grünen Tisch davor, den ein Baumstamm ringförmig umschlingt. Der Platz liegt in einem aus acht Felsen gebildeten, engen Rondell mit Überhängen und Vertiefungen. Ihm folgen
- im Süden die Dianengrotte sowie
- im Osten das ursprünglich mit einer Statue der Penelope ausgestattete Bärenloch und
- die geräumige Vulkanshöhle.
Letztere schmückte ein Gemälde mit drei Zyklopen, die dabei helfen, Donnerkeile für den Göttervater Zeus zu schmieden. Das Belvedere bildet, auch ohne die ehemals vorhandenen Gebäude, einen rund 15 Meter aufragenden Aussichtspunkt. Von dort bietet sich ein schöner Rundblick über den Park Sanspareil, auf die Burg Zwernitz und die Region um Hollfeld bis hinein in die Fränkische Schweiz.








Weitgehend unversehrt seit 1744 und im Sommer bespielt: das Ruinen- und Grottentheater von Sanspareil
Neben der kleinen Sirenengrotte befinden sich am Fuß des Belvederes die als Zuschauerraum nutzbare Kalypsogrotte sowie das Ruinen- und Grottentheater. Beide überspannen mächtige Felsenbrücken aus natürlichem Gestein. Für zusätzliche Mystik der Szenerie sorgten Statuen, beispielsweise mit den sogenannten Satyrn, Mischwesen aus der griechischen Mythologie. Sie kauerten vor den ersten der fünf sich nach hinten verengenden und dadurch räumliche Tiefe erzeugenden Soffittenbögen. Büstenreliefs und Schmucksteine sowie die reizvollen Felsformationen bewirken eine spezielle Atmosphäre. Der ummauerte Orchestergraben unmittelbar vor der Bühne verbindet die Kulisse mit dem Zuschauerraum und hebt deren bis dahin übliche Eigenständigkeit auf. Seit 1985 führt die Studiobühne Bayreuth im Sommer Stücke aus ihrem Programm auf und versetzt die Besucher in die Welt des 18. Jahrhunderts. In unregelmäßigen Abständen finden außerdem Konzerte statt.

Den östlichsten Bereich des Gartens von Sanspareil überragt der Aeolusfelsen mit der Sibyllen- und Aeolusgrotte. Auf ihm ließ Markgraf Carl Alexander von Ansbach-Bayreuth einen leider ebenfalls verschwundenen Tempel zu Ehren des Windgotts errichten. Er erinnert an die Szene beziehungsweise den Ort, an dem Telemach sein künftiges Schicksal vorhergesagt wurde. Südlich des Parkplatzes beim Parterre liegen auf freiem Feld zwei weitere zum Ensemble zählende klippenartige Steinformationen. Der Zschokke- und der Gollerfelsen bieten einen besonders schönen Blick auf die Burg Zwernitz. Unterhalb deren Nordflanke liegen außerdem die Felsengruppen Eiskeller und Hühnerloch. Direkt südlich davon befindet sich der Eingangsbereich des Felsengartens Sanspareil.
Im gesamten Areal stehen übersichtliche Schautafeln mit vielen Informationen zur Mythologie und zur Bedeutung der einzelnen Elemente. Ein Besuch der Sehenswürdigkeiten in dieser schönen Wandergegend mit ihren faszinierenden Höhlen lohnt sich zu allen Jahreszeiten. Die Burg und das Innere des Morgenländischen Baus sind aber lediglich in den Sommermonaten zugänglich.
